Sofiensäle, 1030 Wien

Die Sofiensäle in der Marxergasse umfassen eine wechselvolle Geschichte. Karl May hielt hier unter anderem seinen letzten öffentlichen Vortrag und die Operette Maske in Blau hatte hier ihre Wiener Erstaufführung, um nur wenige Beispiele zu nennen.


Von 2012 bis 2013 übernahm unsere Firma die Konservierung und Restaurierung sämtlicher figuraler Zierteile sowie filigran gearbeiteter Architekturgliederungselemente im Bereich der Straßenfassade zur Marxergasse. Auch die Seitenfassade zur Blattgasse sowie die Stuckdecke im 1. OG im Eingangstrakt restaurierten wir.

Vom Sofienbad zu den Sofiensälen

Unmittelbar neben den heutigen Sofiensälen eröffnete der aus Raudnitz stammende Tuchdekateur Franz Morawetz im Jahr 1838 eine Badeanstalt. Die hohe Besucherzahl führte zum Bau einer Schwimmhalle am Standort der Sofiensäle im Jahr 1845. Das als basilikale Halle konzipierte Schwimmbad wurde nach den Plänen von August Sicard von Sicardsburg und Eduard van der Nüll errichtet. Die Überdachung des Bassinraums gehörte mit den Abmessungen 46 mal 18 Meter zu den größten früheren Eisenkonstruktionsbauten Wiens. Das Sofienbad, benannt nach Erzherzogin Sophie, wurde als multifunktionaler Raum genutzt, denn es verwandelte sich im Winter in einen Tanz-, Konzert- und Versammlungssaal für bis zu 2700 Personen.

 

In den Jahren 1870, 1886 und 1898 gab es mehrere Umgestaltungen. Erst wurde die ursprünglich offene Eisenkonstruktion mit neogotischen Akzenten ummantelt und die Decke mit Kassetten und historisierenden Malereien versehen. Später wurde der kleine oder blaue Salon errichtet. Eine neue Fassade wurde nach den Entwürfen von Ernst Gotthilf-Miskolczy entsprechend der Dreiteilung der dahinter liegenden basilikalen Halle erbaut. In der flachbogigen Kontur, dem figuralen und floralen Dekor sowie der Typographie der Inschrift im Giebel „Sofiensaal und Bad“ sind Einflüsse der zeitgleichen Baukunst der Sezession zu erkennen.

 

1909 wurde der Badebetrieb eingestellt, da das Sofienbad mit den modernen Badeanstalten nicht mehr konkurrenzfähig war. Bis in die 1980er Jahre waren die Sofiensäle ein beliebter Ort für Veranstaltungen.

 

Seit 1986 stehen der große Festsaal samt Foyer, Bühnenhaus und Fassaden unter Denkmalschutz.

 

2001 brach ein großer Brand aus, der den Großteil des Gebäudes zerstörte. In den Jahren 2011 bis 2013 wurden die Fassade, das Foyer sowie der Große Saal wieder hergestellt.

Eine Brandruine

Das Hauptproblem der Fassadenarbeiten stellten die weit fortgeschrittenen Schäden, die durch Verwitterung entstanden, dar. Teile der Anstriche waren im gesamten Fassadenbereich bereits großflächig abgeblättert. Außerdem wurde die Fassade in einer zu dichten Disperionsfarbe gefasst, die eine Sperrschicht bildete. In der Folge konnte das Putzmaterial nicht richtig trocknen und es kam zu Rissbildungen, Hohlstellen und Abplatzungen.

 

Die Seitenfassade zur Blattgasse war mit Kacheln aus dem 19. Jahrhundert dekoriert, welche aus Gips gefertigt waren. Da Gips sehr spröde ist, neigt er zur Rissbildung und ist somit ungeeignet für eine Außenfassade. Durch den Dispersionsfarbenanstrich konnte das über die Risse eingetretene Wasser nicht verdampfen, wodurch der Gips sukzessive zersetzt wurde, und immer längere Rissflanken entstanden.

 

Die Stuckdecke im 1. OG des Eingangstrakts weist einfach profilierte Rahmen sowie Stuckornamente in den Ecken auf, die aus Holzleisten und Papiermaché bestanden. Sie wurde außerdem mehrmals überstrichen, wodurch Details nicht mehr erkennbar waren. Da das Farbschichtpaket abblätterte, war die Decke von Rissen und Haarrissen überzogen.
Zusätzlich waren die Schilfmattenrohre schadhaft, welche die Trägerschicht des Putzes sind. Die Schilfrohre waren nicht mehr befestigt, der Putz lag bereits hohl und war dadurch akut absturzgefährdet.

 

Der Zustand des Großen Saals war das Ergebnis von Brandeinwirkung, Löschwasser und jahrelanger Wettereinwirkung. Die Schäden umfassten sowohl statische Beeinträchtigungen im Bereich der Obergeschosse der Wandseiten als auch Schäden, die durch Feuchtigkeit und Salze in Mauerwerk und Putz entstanden. Der Putz wurde durch die ständige Bewitterung mürbe und die Oberflächen sandeten ab. Des Weiteren waren Abschollungen, Abplatzungen, Substanz- und Formverlust vorzufinden. Viele Dekorationselemente sind erhalten geblieben, sodass in Verbindung mit historischen Vorlagen eine Rekonstruktion des Raumes erfolgen konnte.

Gelungene Rekonstruktion

Ziel der Instandsetzung von Fassade, Stuckdecke und Saal war es, den ursprünglichen Gesamteindruck der historischen Bauteile zu erhalten und in den Verlustbereichen wieder herzustellen. Insgesamt wurden 3700 Nachgüsse aus Gipsguss und Romanzementgussmörtel hergestellt. Die Fassade musste von Fremdteilen wie Schrauben, Dübeln und alten Befestigungsmitteln befreit werden. Notwendige Inkrustationen von Fehlstellen wurden während der Ergänzungsarbeiten mindestens zweilagig ausgeführt. Aus statischen Gründen konnten die aus Gipsguss gefertigten Dekorationselemente nicht belassen werden. Stattdessen wurden die zahlreichen schadhaften Teile in armiertem Kunststein nachgegossen. Dies wurde mittels Formen aus Silikonkautschuk durchgeführt. Die Positivgüsse bestehen aus armiertem Kunststeinmörtel.


Die alten Farbkrusten der Schriftzüge aus Metallblech wurden mechanisch entfernt, um die Originalsubstanz zu schonen.
Daraufhin folgte ein mehrlagiger, pigmentierter Anstrich auf Silikonharzbasis.


Für die Stuckdecke im 1. OG wurden die Zierelemente nach Abnahme der Stuckornamente rekonstruiert und dann mittels Negativformen aus Hartgips neu gegossen. Die einzelnen Teile wurden mit einem Stuckkleber verklebt und mit Gipskarton-Schrauben zusätzlich fixiert.


Auch im Großen Saal mussten die Dekorationselemente aus statischen Gründen abgenommen werden. Lediglich die Kolossalpilaster sowie Teile der geputzten Nullfläche konnten in situ belassen werden. Drei Saalseiten mussten auch hier von Fremdkörpern entfernt werden.


Die neuen Gussteile wurden unter anderem mittels Nirostadübeln in flexiblem Mörtel neu versetzt und mit Gips hinterfüllt. Für die Anbringung der Engelskopf- und Balkonkonsolen erfolgte mithilfe von Winkelkonsolen aus Nirostastahl, die im Mauerwerk verschraubt und mit Klebeharz verklebt wurden. Sie wurden zusätzlich durch Gewindestangen gesichert. Die Stuckornamente wurden gemäß historischen Vorbildern partiell glanzvergoldet.